Sonntag, 10. März 2019

Telemann trifft Welt

Unter dem Titel „Telemann trifft Welt“ gab es heute zum vierten Jubiläum der Magdeburger Weltmusikreihe ein großes Konzert, das von Percussion über Jazz bis hin zu Klassik und Alter Musik eine beeindruckende Vielfalt bot. Kein Cross-Over-Konzert in dem Sinn, dass Klassik mit Weltmusik-Instrumenten oder umgekehrt gespielt wird, sondern ein gekonntes Interagieren von Musikern unterschiedlicher Richtungen. Warum eigentlich Telemann? Der ist nicht nur einer der großen Söhne der Stadt Magdeburg, sondern war auch schon in seiner Zeit ein Weltmusiker, der in seine Kompositionen Musik aus allen Teilen der Welt verwendete.
Yoichi Yamashita – Violine
Marco Reiß – Violine
Marcel Körner – Violoncello
Ingo Fritz – Viola
Hermann Naehring – Schlagwerk, Percussion
Warnfried Altmann – Saxophon
Mojtaba Faghihi (Iran) – Frame Drum
Mohamad Issa (Syrien) – arabische Lyrik (Nachdichtung: Norbert Pohlmann)


Das Konzert begann mit Hermann Naehrings kräftigen Schlägen auf seine riesige Taikotrommel, ehe Warnfried Altmann mit seinem Saxophon durch die Reihen der Zuhörer zur Bühne schreitet, mit einzelnen Tönen auf die Trommel zu antworten scheint.  Später kommen die Musiker des Philharmonischen Streichquartettes auf die Bühne, die Stücke alter Komponisten spielen. Telemann oder Pachelbel etwa sind zu hören. Warnfried Altmann begleitet die Streicher mal unisono und zurückhaltend, mal konterkariert er die Melodien schreiend laut.

In die Freien Klänge hatte Warnfried Altmann von Anfang an Lyrik einbezogen, meist als Lesung eines Gedichtes nach der Konzertpause. Diesmal wurde Lyrik sogar Teil des Programms. Der Syrer Mohammed Issa las seine arabischen Gedichte, Norbert Pohlmann übertrug sie anschließend ins Deutsche. Warnfried Altmann sieht die Gedicht schon wegen ihrer melodiösen Sprache eine Bereicherung des Programms. Norbert Pohlmann machte die Inhalte der fremden Sprache verständlich. „Es ist keine Nachdichtung“, sagte er später dazu, „eher eine Übertragung. Ich habe in Zusammenarbeit mit Mohammed Issa dessen Texte nicht nur einfach übersetzt, sondern auch den Sinn der Gedichte, ihre sprachlichen Bilder in die deutsche Sprache übertragen“.
Vom Krieg in Issas Heimat Syrien ist da zu erfahren, in der die blühenden Felder, die einst voller Früchte waren und dem Bauer eine reiche Ernte gaben, nun verbrennen, in der „Raketen die Schnitter der Seelen“ sind und „die Menschen die Weisheit zu Grabe tragen“. Der Dichter berichtet in einem Gedicht aber auch von seiner neuen Heimat Magdeburg, in der „die Elbe sich Fußkettchen gleich zärtlich um die Stadt legt, deren Grün wie tausend Gärten die offenen Wege und Straßen verschönt“, seit jeher eine Heimat von Dichtern und Komponisten. Erich Weinert nennt er da ebenso wie Georg Philipp Telemann. Den Klang der arabischen Sprache habe ich noch jetzt im Ohr, ebenso die poetische Sprache in Norbert Pohlmanns Übersetzung.

Auch die Lesung wurde vom Altmanns Saxophon und Naehrings Schlagwerk begleitet, mit eindringlichen Melodien und Rhythmen, die den Texten einen Rahmen gaben. Zu ihnen kommt als dritter Mojtaba Faghihi mit seiner Rahmentrommel hinzu. In dieser Weise setzt sich das Konzert in unterschiedlichen Zusammensetzungen fort, ergeben sich immer wieder neue Klangvariationen. Wenn dann die philharmonischen Streicher mal allein auf der Bühne sind und sanfte „Kaffeehausklänge“ spielen – später erfahre ich, dass es Musik von Dvořák war –, dann wartet man schon geradezu auf die (in dem Fall ausbleibende) Einmischung von Altmanns Saxophon. Den Kontrast gibt es aber gleich darauf, als sich nochmal die musikalischen Urkräfte der dröhnend lauten Taikotrommel mit den Schreien des Saxophons mischen. Am Ende des Programms spielen die Streicher eine verblüffend schnelle Musik, „Tourbillon“ (Der Wirbelwind), eines dieser tollen lautmalerischen Stücke, für die Telemann bekannt war, in dem nochmal alle Musiker zusammenkamen. Ein rasantes Tempo legten die Streicher vor (übrigens in Telemanns originalem Tempo), dazu spontane Improvisationen von Saxophon und Schlagwerk. Telemann hätte es so gefallen.

Warnfried Altmann dankte denen, die das Konzert möglich machten. Vor allem dem Geschäftsführer der Festung Mark, Christian Szibor, und Doreen Heidemann, die dort für die Organisation der Kulturveranstaltungen zuständig ist. Zugleich warb er um weitere Unterstützung für diese Reihe von so unterschiedlichen Konzerten, für die es zuletzt keine Fördermittel der Stadt Magdeburg mehr gab. Die Besucher des Konzertes bat er deshalb um so mehr darum, selbst auch immer wieder zu kommen – und auch anderen von den Konzerten zu berichten. Den nächsten Termin der Freien Klänge gibt es am 12. Mai. Dann werden in der Festung Mark ein holländischer Flötist und ein schottischer Percussionist zu erleben sein.



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