Sonntag, 11. November 2018

Fabiana Striffler und Quique Sinesi

Improvisierte Melodien der Violine treffen auf argentinische Gitarrenklänge. Das Konzert bei den Freien Klängen in der Festung Mark war Weltmusik, wenn man damit die Verschmelzung unterschiedlicher Musikkulturen meint, und bewegte sich doch abseits der üblichen Weltmusik-Konventionen.
Quique Sinesi – 6- and 7-saitige Gitarre, charango, Piccologitarre
Fabiana Striffler – Violine, Mandoline

Zu Beginn hört man nur die Finger der Violinistin und des Gitarristen auf den Instrumenten einen Rhytmus klopfen, ehe sie anfangen, Melodien zu spielen. Melodien, in denen immer mal wieder der argentinische Tango durchklingt, als einer der Ankerpunkte des Konzertes. Rhythmisch bleibt die Musik auch dann, wenn Fabiana Striffler im Titelstück der aktuellen CD des Duos, Mahagoni, die Spielweise ihrer Violine wechselt, die Saiten zupft, sich damit in klangliche Ähnlichkeit zur Gitarre begibt. Tänzerisch-beschwingte Passagen wechseln mit leisen, sanften.

Später greifen sie zu anderen Instrumenten, Fabiana Striffler nimmt ihre Mandoline zur Hand, Quique Sinesi sein Charango, eine Mischung aus Gitarre oder Ukulele (von der Bauform her) und der Mandoline (wegen der Doppelsaiten). „Unsere beiden Instrumente in Kombination finde ich so schön“, sagt Fabiana Striffler, und man könnte „traumhaft schön“ ergänzen, wenn man die gezupften Klänge hört. Vielleicht kein Zufall, dass das Stück dann in deutscher Übersetzung aus einem anderen Traum erwacht heißt.

In ihre Musik bringen Fabiana Striffler und Quique Sinesi beide ihre eigenen Vorstellungen ein, ihre jeweils eigenen Kompositionen. Sinesi zeigt mit seiner Musik, dass es neben dem Tango, den man zuallererst mit Argentinien assoziiert, so viele andere Tänze und Rhythmen gibt. Nicht zuletzt die Milonga, eine davon haben beide Musiker dem brasilianischen Hermeto Pascoal gewidmet (der übrigens bei den Freien Klängen schon einige Male von anderen Musikern erwähnt wurde). Und auch hier stimmen Striffler und Sinesi zunächst mit getrommelten Rhythmen auf die Musik ein. An Fabiana Strifflers Spiel hört man ihre Erfahrungen im Jazz heraus, wenn sie drauflos improvisiert. Im Zusammenspiel beider Musiker ergeben sich daraus reizvolle Kombinationen. Mal anmutig, mal wild und kräftig.

Sinesi zeigt sich immer wieder tief verwurzelt in seiner Heimat, und meint mit "Heimat" in seinem Stück Terruño zugleich etwas viel umfassenderes, wenn er dazu sagt "eigentlich ist doch die ganze Welt unsere Heimat, unser Terruño". Eine Erde, über die er in seinem Gitarrenspiel zu schweben scheint. Auch Striffler geht zurück in eine noch sehr unberührte Welt, wenn sie aus ihrem Liederzyklus Geschichte eine versteckten Dorfes das Stück Frühe Stimmen ins Programm nimmt. "Darauf lauschen, was man hört, wenn man am frühen Morgen das Fenster aufmacht". (Für mich waren diese ganz leisen Klänge wie eine ferne Erinnerung an eine Reise durch Cuba, als im Vinales-Tal noch weit vor dem Sonnenaufgang von überall her die Stimmen der Hähne durchs Tal zu hören waren, lange bevor allmählich das dörfliche Leben begann).

Am Ende stehen ein kräftiger Tango ("Wir nennen ihn Magdeburg-Tango, den wir Euch und der Stadt widmen, die uns so gut gefallen hat", sagt Sinesi) und Gute Frau, "gerade auf den heutigen Tag, dem hundertsten Jahrestag des Frauenwahlrechtes widme ich das allen Frauen" sagte Striffler (die Tags drauf in Berlin den Festakt zu diesem Jubiläum begleiten wird). Ein hörenswerter Abend ging zu Ende, ein Abend voller Musik, der man noch sehr lange hätte lauschen mögen.

In der Konzertpause gab es wie gewohnt wieder ein Gedicht, von Warnfried Altmann vorgetragen. Diesmal war es Peter Rühmkorfs "Über den Gartenzaun gesprochen", ein Gegenentwurf zum Streit zwischen den Weltreligionen:

Der Ursprung von drei Weltreligionen 
eine Dünendrift aus verminten Zonen –
Da empfiehlt es sich schon in gemäßigten Ländern 
durch ein selbstverfaßtes Idyll zu schlendern. 
Während ich – schaut nur hin – meine Blümchen tränke, 
wieder Mordsradau in der Dreigöttersenke –
die ballern uns noch den Erdball entzwei 
wegen ihrer dreierlei Rechthaberei. 

Unverbindlicher Wink übern Gartenzaun: 
Bloß nicht ewig den eigenen Götzen vertraun, 
und sich statt an Gebetsbüchern dummzulesen: 
Hier sind Hacke. Harke, Schaufel und Besen, 
und nach zwei drei Jahren erblüht für jeden 
vor der eigenen Haustür ein Garten Eden.


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