Sonntag, 13. März 2016

Dikanda

Heute stand die polnische Folk-Band Dikanda aus Szczecin auf der Bühne der Freien Klänge in der Festung Mark.
Anna Witczak-Czerniawska – Gesang, Akkordeon
Katarzyna Bogusz – Gesang
Daniel Kaczmarczyk – Schlagzeug
Piotr Rejdak – Gitarren
Grzegorz Kolbrecki – Kontrabass
Szymon Bobrowski – Trompete

Dunkle Töne von Akkordeon und Trompete erfüllen den Raum, Rauschen eines Regenmachers kommt hinzu. So leise bleibt es nicht lange; schon bald füllt ein Rhythmus wuchtiger Trommeln und Pauken den Raum. Wow, das ist Musik die mitreißt – schon hält es die ersten nicht mehr auf ihren Plätzen, sie stehen auf und fangen an zu tanzen. 

Es folgen polnische Folksongs, von Anna Witczak-Czerniawska und Katarzyna Bogusz zweistimmig und kraftvoll gesungen und von den übrigen Musikern der Band begleitet. Die Sprachbarriere – die meisten Texte werden auf polnisch gesungen – spielte keine Rolle. Zu vielen der Titel gibt Anna Witczak-Czerniawska in ihrer Anmoderationen ein kurze Zusammenfassung. Wenn es da in einem Lied heißt "Ich kann nicht nähen, aber ich habe Feuer im Herzen" und Anna noch hinzufügt "... und ich werde die Stimmung nach Magdeburg bringen", dann war das nicht nur so dahin gesagt – der Drive der Musik übertrug sich auf das Publikum, im Saal herrschte ausgelassene Stimmung .

Die Musik der Band läßt sich von ihrer Herkunft nicht genau einordnen, es ist der typisch osteuropäische Sound, der mit seinen tanzbaren Rhythmen alle mitreißt, wenn er schneller und immer schneller erklingt und die tanzenden Beine kaum noch mitkommen. Das ist Tanzwut pur, das ist wie von globalen DJs abgemischte Musik, bei der herkömmliche, ab und zu auch elektronisch unterstützte Folk-Klänge mit immer präsenten und schnellen Trompetentönen, gespielt von Szymon Bobrowski, von archaischen Taiko-Trommeln kontrastiert werden. Nach dem Konzert bestätigt Katarzyna Bogusz diesen Eindruck, wenn sie sagt, "die Musik ist ein bischen polnisch, ein bischen Balkan, ein bischen bulgarisch, dazu kommen noch Einflüsse aus dem mittleren Osten bis nach Ägypten. Wir lassen uns von vielen Musikstilen inspirieren".

Die Band begeistert durch ihre Wandelbarkeit und Dynamik. Wo eben noch laute Trompetentöne und Trommelklänge die Musik bestimmten, gab es wenig später zarte Frauenstimmen, etwa wenn Katarzyna sich ihre eigene Stimme als Echo zuspielt und selbst begleitet, oder Gitarrenklänge von Piotr Rejdak, die bisweilen spanisch klingen. Als sich in sein Gitarrensolo noch Grzegorz Kolbrecki am Kontrabass mischte, von Daniel Kaczmarczyk am Schlagzeug unterstützt, dann gehört die Bühne für kurze Zeit den Saiteninstrumenten.

Der Auftritt der Band wird zu einem großen Teil von Anna Witczak-Czerniawskas Bühnenpräsenz geprägt. Ob sie singt, zum Akkordeon oder zu den Trommelstäben greift – immer schafft sie es, ihre Musiker und auch das Publikum mitzunehmen, ihre Energie zu übertragen und in die Musik einfließen zu lassen. Selbst anfangs melancholische Texte ("Hanka mit den großen Augen, geh nicht so nah an den Bach, sonst denkt der Bach Deine Augen wären voll Wasser und nimmt sie mit in das Meer") werden zu kräftigen und begeisternden Liedern. Wenn Anna sagt, das Lied würde in Polen inzwischen selbst auf Partys gesungen werden, dann mag man ihr das gern glauben. Vor allem, wenn man dazu das Lied in Dikandas Speed-Folk-Version hört. Wenn es in einem anderen Lied heißt: "Papa steh auf und pass auf Deine jüngste Tochter auf", dann wird es dafür wohl zu spät sein – die nämlich ist längst weg und tanzt zur Musik von Dikanda. 


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