Sonntag, 14. Februar 2016

In 80 Takten um die Welt

Heute waren die Traumgärtner mit ihrem Programm In 80 Takten um die Welt zu Gast bei den Freien Klängen in der Festung Mark.
Yoichi Yamashita – Violine
Marco Reiß – Violine
Marcel Körner – Violoncello
Jaroslawa Pelevina / Ingo Fritz – Viola
Warnfried Altmann – Saxophon
Peter Wittig – Erzähler

Die Veranstalter konnten sich diesmal freuen – das Konzert der Traumgärtner war so sehr ausverkauft, daß bis auf den letzten Stuhl war alles besetzt war, es nicht mal mehr Stehplätze gab und einige Gäste am Eingang abgewiesen werden mußten (was kein Veranstalter gern macht). Vielleicht ein Hinweis für das nächste mal: Karten rechtzeitig im Vorverkauf erwerben oder vorbestellen.

Lebte die Reihe bisher von einem Begriff von Weltmusik, der vor allem unterschiedliche Musikstile von Musikern aus der ganzen Welt umfaßte, so interpretierte das mit dem Untertitel »in 80 Takten um die Welt«  (frei nach Jules Verne) umschriebene Programm den Begriff der Weltmusik neu und führte in die Welt der klassischen und sinfonischen Musik. Die Musiker auf der Bühne waren überwiegend klassische ausgebildete Musiker und stehen sonst mit der Magdeburger Philharmonie oder als Philharmonisches Streichquartett auf der Bühne. Einzig Warnfried Altmann als Saxophonist paßte nicht in dieses Schema, er war für die improvisierten, oft ein wenig frechen bis bluesigen Klänge zuständig  Wobei genau genommen auch die Symphoniker die flotten, jazzigen Melodien nicht scheuten. Das fing gleich an mit dem Jazz-Stadard „Fly me to the moon“ an, der obwohl eindeutig wiedererkennbar, doch ganz anders klang.

Einen sechsten Traumgärtner hatte ich bis dahin noch gar nicht erwähnt – Peter Wittig kam gleich darauf als weltreisender Gentlemen auf die Bühne, im hellen Leinenanzug und mit einem kleinen Köfferchen voller Reiseutensilien. Darin viele kleine Papierfähnchen, eines für jedes bereiste Land, und Reiseliteratur. Reisebeschreibungen für jede Station, überwiegend mit kleinen Anekdoten über das Land und seine Menschen. Er liest, deklamiert, geht in seinem Metier als Schauspieler auf und greift hin und wieder auch mal selbst zur Gitarre, spielt französische Chanons, russische Balalaika-Melodien oder begleitet die Beatles.

Die Traumgärtner legten dabei eine wilde Reise zurück, kreuz und quer durch Raum und Zeit, und als wären diese vier Dimensionen nicht genug, auch noch durch die Musikepochen, gleichsam als fünfte Dimension.

Vom Mond aus zurück zur Erde startete die Reise in Deutschland, im Wörlitz des Fürsten Franz Leopold. Von dort in die Schweiz des 19. Jahrhunderts, rauf auf’s Matterhorn. Dann in der Zeit zurück und über die Alpen nach Süden, zu Mozart, der einen Brief aus Mailand zum Programm beisteuerte. Dann auf den Montmartre, nach Paris und Jean Trenets La Mer schrieb. Von dort in den Norden, nach Finnland und Norwegen. Die Musik dazu, wie könnte es anders sein, Stücke aus der Finnlandia und aus Per Gynt. Dann wieder weit weg, nach Indien zum Taj Mahal – und dort kam doch tatsächlich eine echte Bauchtänzerin auf die Bühne (und ersparte damit Peter Wittig diesen Part).

Nach der Pause dann an den Baikalsee, zur Angara, seiner schönen Tochter, und mit Peter Wittig an der Balalaika – er wirbelte auf der Bühne herum wie ein junger Kosak, einschließlich Luftsprung am Ende des Stücks. Von Sibirien aus gleich rechts herum übers Meer, schon war die Reisegesellschaft in Amerika und bei Dvorczaks amerikanischer Musik. Dann wieder Europa, mit Carmen nach Spanien, von dort nach Afrika, mit Warnfried Altmann am Balaphon und dazu deklamierten afrikanischen Weisheiten. Dann Israel mit jüdischem Witz, England mit der Wassermusik und den Beatles, nach China und konfuzianischen Weisheiten, dann nach Irland und zum Schluß zurück nach Deutschland. Dort eine ungewöhnliche Version von „am Brunnen vor dem Tore“ für Saxophon mit Streicherzwischenspiel.

Die Musik des Programms wurde nicht separat angesagt – aber die Stücke waren beim kulturinteressierten Publikum so bekannt, daß das eigentlich auch nicht nötig war. Der Reiz des Programms lag deshalb auch weniger auf der Musik an sich, sondern an der eleganten Verknüpfung der Musik des Streichquartetts mit Literatur und teils komödiantischen Vortrag. Das Publikum war begeistert und natürlich hatten die Traumgärtner auch noch eine Zugabe vorbereitet: The typewriter, mit einem auf der Bühne herumtanzenden Peter Wittig und seinen selbst gebauten Perussion-Instrumenten, mit denen er die Schreibmaschine spielte.

Die Traumgärtner hatten ihr Programm schon vor einigen Jahren für Sachsen-Anhalts Gartenträume-Festival konzipiert und sind auch in diesem Jahr wieder hier und da im Land zu erleben, unter anderem im Sangerhausener Rosarium oder auf den Spiegelsbergen bei Halberstadt.



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